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Keine Angst vor der Dunkelflaute

Ein Beitrag von Ralf Bischof

Henrik Paulitz behauptet in einem Kurzbeitrag, dass die breite Nutzung von Wind- und Solarstrom zu Deindustrialisierung und Verarmung führt.[1] Das ist falsch. Der als Dunkelflaute umschriebene Umstand ist entgegen seiner Darstellung weder verkannt noch verdrängt worden. Leprich beschreibt die zahlreichen gesetzlichen Mechanismen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit ausführlich.[2] Es stimmt auch nicht, dass aktuell keine konventionellen Ersatzkapazitäten gebaut würden: Die Bundesnetzagentur listet 3.633 MW im Zeitraum 2021-2024 auf.[3]. Aber natürlich ist das Ziel eine vollständig auf Erneuerbare Energien (EE) basierende Versorgung. Grundlegend falsch ist dabei das Bild von Paulitz „,dass die Wind- und Solaranlagen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit einen vollständigen Backup-Kraftwerkspark benötigen“. Richtig formuliert wäre: Die Nachfrage muss jederzeit mit dargebotsunabhängiger Kapazität gedeckt werden können.

Aktuell beträgt die maximale Last in Deutschland rund 83 Gigawatt (GW).[4] Diese stündliche Spitze lässt sich bereits durch Lastmanagement und Kurzfristspeicher wie Pumpspeicherkraftwerke (9,8 GW), stationäre Batterien (> 0,6 GW) und in Zukunft den Batterien in Elektrofahrzeugen deutlich abschleifen. Das Potenzial für Lastmanagement beträgt deutlich mehr als die von Paulitz genannten 5 GW.[5]

Für den geglätteten Bedarf stehen nicht nur Sonne und Wind, sondern auch Wasserkraft (3,2 GW) und Biomasse (10,4 GW) zur Verfügung. Aktuell werden jährlich rund 50 Terawattstunden (TWh) Strom aus verschieden Biomasseformen bereitgestellt. Langfristig wird man bei gleichem Aufkommen durch Reduzierung der Volllaststunden daraus mehr als 20 GW Kapazität bereitstellen können.

Weiterhin unterschlägt Paulitz, dass Deutschland ein zentraler Bestandteil des europäischen Strommarkts ist. Lastspitzen, Dunkelflauten und Kraftwerksausfälle treten nicht in allen Ländern zeitgleich auf. Es bestehen deutliche Ausgleichseffekte, die 10% und mehr der Jahreshöchstlasten entsprechen.[6]

Ferner ist der gezielte Austausch von Strom aus Speicherwasserkraft zur Optimierung der inländischen Erzeugung seit über 90 Jahren Praxis.[7] Die Entwicklung der Hochspannungsgleichstromübertragung macht neben den alpinen auch die skandinavischen Wasserkräfte zugänglich. Die Stauseen im nordischen Strommarkt können über 120 TWh Energie speichern.[8] Das entspricht etwa zweieinhalb Monaten des deutschen Stromverbrauchs! Allein Norwegen könnte 11 bis 19 GW zusätzliche Leistung bereitstellen.[9] Eine erste Direktleitung nach Norddeutschland mit 1,4 GW Kapazität wurde 2021 in Betrieb genommen.[10]

Die Ausgleichseffekte- und Synergieeffekte sind der Grund, warum der Netzausbau entgegen der Darstellung von Paulitz sehr wohl bei „Dunkelflauten in Deutschland“ hilft. Letztlich reduziert sich die noch zu deckende Leistung auf etwa die Hälfte der Jahreshöchstlast. Erst jetzt kommen neue Langfristspeicher („grüne Moleküle“) ins Spiel.

Auch hier verwundert das Verdikt von Paulitz, „dass es die jahrzehntelang versprochenen Langzeitspeicher (Wasserstoff) schlichtweg nicht gibt“. Richtig ist vielmehr, dass die chemische Industrie das Handling von Wasserstoff seit Jahrzehnten beherrscht. Die existierende Erdgasinfrastruktur ist für die Umstellung auf Wasserstoff gut geeignet. Auch an Pilotprojekten fehlt es nicht.[11] Und fast jede Woche werden neue Projekte angekündigt.

Hätte man schon vor Jahrzehnten mit der großtechnischen Nutzung von grünem Wasserstoff beginnen müssen, wie Paulitz insinuiert? Sicher nicht, denn bisher gibt es kaum Stromüberschüsse die man dafür sinnvoll verwenden könnte. Ein guter Indikator sind negative Preise am Spotmarkt. 2021 gab es sie nur in 139 Stunden bei einem mittleren Angebotsüberhang von 1.629 MW. [12]  Das entspricht weniger als einem halben Promille des Stromverbrauchs. Es ist also vollkommen richtig, aktuell noch den Schwerpunkt auf den Zubau von Solar- und Windkraft zu legen.

Unbestritten ist, dass wir mittelfristig Langfristspeicher benötigen. Der Umfang ist aber überschaubar. Eine aktuelle Studie ermittelte den Speicherbedarf für eine zu 100% auf EE basierende Stromversorgung zu 56 TWh, davon 54,8 TWh in Form von Wasserstoff.[13] Zur Einordnung: Ende 2020 betrug das Arbeitsgasvolumen in den deutschen Untergrundspeichern für Erdgas rund 275 TWh.[14] In Form von reinem Wasserstoff wären dort mindestens 35 TWh lagerbar.[15] Weitere Kavernenspeicher können in reichlich vorhandenen Salzstöcken geschaffen werden.

Es ist auch richtig, dass für die Dekarbonisierung des Wärme-, Mobilitäts- und Industriebereich Anstrengungen in ähnlicher Höhe wie für den Elektrizitätssektor notwendig sind. Abgesehen davon, dass dies sehr wohl auch durch Importe von „grünen Elektronen“ und „grünen Molekülen“ erfolgen kann, sagt Paulitz nicht, was die Alternative zu diesen volkswirtschaftlichen Anstrengungen wäre. Sein Vorschlag einer Kombination „Erneuerbare und Atomkraftwerke“ erspart uns jedenfalls nicht den Aufwand für Netzausbau und Speicher. Die weit über 100 notwendigen Atomkraftwerke würden in der Grundlast betrieben und zu Schwachlastzeiten Überschüsse produziere – die gespeichert oder exportiert werden müsste. Zu Starklastzeiten müssten die Verbrauchsspitzen aus Speichern oder durch Importe gedeckt werden. Und da die starre Fahrweise überhaupt nicht zum fluktuierenden Angebot von Sonne und Wind passt, würde man ihren Ausbau in diesem Szenario wohl eher minimieren.

[1] Paulitz, Henrik (2022): Energiewende führt zu StromMangelWirtschaft, De-Industrialisierungs-Effekten und Teil-Verarmung, in ZNER 2/22

[2] Leprich, Uwe (2021): Stromlücke die Zweite?, in ZNER 5/21

[3] Bundesnetzagentur; Bundeskartellamt (2021): Monitoringbericht 2021, Stand: 15. März 2022. Soweit nicht anders angegeben beziehen sich die Kapazitätsangaben im Folgenden auch auf diese Quelle.

[4] Amprion, 50Hertz, TenneT, TransnetBW (2021): Abschlussbericht Systemanalysen 2021

[5] Amprion, 50Hertz, TenneT, TransnetBW (2022): Szenariorahmen zum Netzentwicklungsplan Strom 2037 mit Ausblick 2045, Version 2023

[6] r2b energy consulting, Consentec, Fraunhofer ISI, TEP Energy (2021): Monitoring der Angemessenheit der Ressourcen an den europäischen Strommärkten

[7] Bereits 1929 vollendete RWE die rund 600 km lange Nord-Süd-Leitung vom Rheinischen Revier bis Vorarlberg, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Nord-Süd-Leitung

[8] https://hydro-reservoir.nordpoolgroup.com/rescontent/area/rescontent.cgi, abgerufen am 23. März 2022

[9] https://www.cedren.no/english/Projects/HydroBalance/HydroBalance-pilotstudy

[10] https://www.statnett.no/en/our-projects/interconnectors/nordlink/

[11] Bundesnetzagentur; Bundeskartellamt (2021): Monitoringbericht 2021, Stand: 15. März

[12] Öko-Institut; Energy Brainpool (2022): Monitoring der Direktvermarktung – Jahresbericht 2021 & Ausblick 2022

[13] Ruhnau, Oliver; Qvist, Staffan (2021) : Storage requirements in a 100% renewable electricity system: Extreme events and inter-annual variability, ZBW – Leibniz Information Centre for Economics, Kiel, Hamburg

[14] Bundesnetzagentur; Bundeskartellamt (2021): Monitoringbericht 2021, Stand: 15. März 2022

[15] Annahmen: Nur Kavernenspeicher geeignet, relative Energiedichte Wasserstoff beträgt 20% von Erdgas.

 

Ralf Bischof

Ralf Bischof studierte Elektrotechnik mit Schwerpunkt Energieversorgung an der Universität Hannover. Seine berufliche Karriere begann er als Mitarbeiter von Eurosolar und Hermann Scheer. Später war er u.a. Mitgründer und Vorstand der Naturstrom AG sowie Geschäftsführer des Bundesverband WindEnergie. Von 2009 bis Ende 2021 arbeitete er in der Sparte für Erneuerbare Energien eines deutschen Energiekonzerns. Seit Anfang 2022 ist er als selbstständiger Berater unter anderem auch für WestfalenWIND aktiv.

 

Land NRW nutzt Solarenergie zu wenig

Landesverband Erneuerbare Energien

Deutlich mehr Tempo beim Solarausbau auf privaten, gewerblichen und landwirtschaftlichen (Dach-)Flächen in Nordrhein-Westfalen fordern die Deutsche Gesellschaft für Solarenergie (DGS) und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW). Die Düsseldorfer Landesregierung müsse endlich die solare Länderöffnungsklausel für benachteiligte Flächen nutzen.
Die sogenannte Länderöffnungsklausel gibt den Bundesländern die Möglichkeit, mit einer Rechtsverordnung Acker- und/oder Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten für die Bebauung mit Photovoltaik-Freiflächenanlagen freizugeben. Zahlreiche Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz oder Sachsen nutzen diese Option bereits, um weitere Flächen für die Photovoltaik-Nutzung zu schaffen.
„Das ist der richtige Weg, denn insbesondere bei der solaren Freiflächennutzung brauchen wir unbedingt neue Flächen, die schnell ohne großen Aufwand zu erschließen sind“, sagt Peter Asmuth, Vorsitzender des DGS-Landesverbandes NRW. Der Solarverband trifft sich am heutigen Donnerstag, 23. September, zu seiner Mitgliedersammlung im Bioenergiedorf Anröchte-Altenmellerich (Kreis Soest). „Das dortige Zusammenspiel aller regenerativen Energien zeigt eindrucksvoll, wie wichtig die Photovoltaik für eine erfolgreiche Energiewende ist“, so Asmuth. In Altenmellerich sind über 30 Photovoltaikanlagen installiert.
Auf ihrer Mitgliederversammlung hat die DGS sich erneut für die Förderprogramm von solaren Balkon-Modulen stark gemacht: „Bei der hohen Zahl von Mietwohnungen ist die Landesregierung NRW wirklich gut beraten, die Energiewende mit den sogenannten Steckermodulen endlich in den Städten zu fördern“, so der Vorsitzende Asmuth, „wenn es vor Ort keine funktionierenden Mieterstrommodelle geben sollte, können die Mieter so direkt vom erzeugten Solarstrom profitieren.“
Auch der LEE NRW unterstützt diese Forderung. Gleichzeitig drängt der LEE NRW darauf, eine Solarpflicht für Neubauten und bei Dachsanierungen in die Landesbauordnung aufzunehmen. „Dieser Schritt, den einige Bundesländer bereits vollzogen haben, ist überfällig, um den Druck beim Solarausbau zu erhöhen“, betont Geschäftsführer Christian Mildenberger. Erste Städte wie Bonn und Paderborn haben angekündigt, diese Solarpflicht mit Beginn des nächsten Jahres umzusetzen. „Das sind wichtige Signale, die Vorbildcharakter für das gesamte Land haben“, resümiert Mildenberger. „Die Beispiele zeigen, dass immer mehr Kommunen bei der Förderung der Solarenergienutzung deutlich weiter sind als die NRW-Landesregierung.“

WestfalenWIND errichtet Paderborns erste öffentliche Photovoltaik-Tankstelle für Elektro-Fahrzeuge

„Pack den Tiger in den Tank“ ist out – heute heißt das: Pack die Sonne in den Tank! Im Paderborner Gewerbegebiet Dörener Feld können E-Auto-Besitzer seit wenigen Tagen ihr Fahrzeug mit Sonnenstrom aufladen. Die WestfalenWIND Gruppe hat auf den Parkplätzen des Möbelhauses „Multipolster“ und der „Weinstraße Köster“ insgesamt 8 Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge aufgebaut. E-Autos können dort mit einer Leistung von bis zu 22 Kilowatt innerhalb einer Stunde gut 100 Kilometer Fahrleistung nachtanken.

Gespeist werden die Ladepunkte durch eine 550 KW große Solarstromanlage auf dem Dach von Multipolster, die ebenfalls von WestfalenWIND betrieben wird. Ganz bewusst setzte die Firma dabei auf Produkte aus Deutschland. Sowohl die Photovoltaikmodule und die Wechselrichter, als auch die Ladesäulen wurden in Deutschland produziert. Das Dach wurde angepachtet von der Paderborner Firma Immobilien Michels, die sich ebenfalls stark macht für den Ausbau Erneuerbarer Energien.

„Es landet also echter Ökostrom direkt in den E-Autos“, freuen sich die Geschäftsführer der WestfalenWIND-Solarstrom-Sparte Daniel Saage und Peter Jakob. Selbst an bedeckten Wintertagen kann die PV-Anlage auf dem Dach so viel Strom erzeugen, dass mehrere Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden können. Steht kein Solarstrom zur Verfügung landet Strom aus dem Netz in den Akkus. Dieser Strom stammt vorwiegend aus Windkraftanlagen. Getankt werden kann also rund um die Uhr.

Bezahlt wird an den Ladesäulen des Herstellers wallbe aus Schlangen über die App Plugsurfing. Nutzer können sich bei dem Portal entweder vorab registrieren, oder direkt vor Ort einen QR Code scannen und dann den Ladevorgang freigeben. Benötigt wird ein standardmäßiges Typ2-Ladekabel, das an den Ladepunkt angeschlossen wird.

Die Investitionskosten für die PV-Anlage samt den 4 Ladesäulen liegen bei rund 600.000 €.

Die WestfalenWIND-Gruppe plant weitere solcher Solarstrom-Tankstellen. Interessierte Besitzer von Gewerbe-Dachflächen können sich gerne melden.

WestfalenWIND PV GmbH & Co. KG:
Geschäftsführer Daniel Saage
Fest: 0 52 51 – 68 25 814
Mobil: 0177 – 84 85 86 8
d.saage@westfalenwind.de