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Carsten Linnemann heizt Debatte um Verlängerung der Laufzeit von deutschen Kernkraftwerken an

Während seit heute die Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und Grünen begonnen haben, hat der Paderborner CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann die Debatte um eine Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke angeheizt. 
“Mit seinem Traum von der Renaissance der Kernenergie erweist sich Herr Linnemann nicht nur als energiepolitscher Geisterfahrer, sondern bricht nebenbei auch noch Versprechen, die er und die CDU/CSU vor der Wahl gegeben haben”, kommentiert Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbands Erneuerbare Energien in Nordrhein-Westfalen (LEE NRW) den Vorstoß des CDU-Abgeordneten.

Der Ausstieg aus der Kernenergie wurde unter der Rot-Grünen-Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder beschlossen. Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 wollte auch Nachfolgerin Angela Merkel einen Ausstieg aus der Kernenergie. Aus der Laufzeit-Verlängerung wurde wieder das Aus für die Atomkraft. 2022 soll endgültig Schluss sein.

Dem fatalen Eindruck, dass Atomkraft noch eine Rolle spielen könnte, ist die CDU/CSU im Wahlprogramm und im Energiepapier „Ein Turbo für die Erneuerbaren“ begegnet. Auch Friedrich Merz und Carsten Linnemann haben letztlich klargestellt: Das Aus für die Atomkraft ist politisch beschlossen – am Ausstieg wird nicht mehr gerüttelt.

Unmittelbar nach der Wahl schlägt Linnemann ganz andere Töne an: Bei der Versammlung der Jungen Union Ostwestfalen-Lippe am Wochenende hat der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Paderborn sich laut Bericht des Westfalen-Blattes für eine Verlängerung der Laufzeiten von deutschen Kernkraftwerken ausgesprochen. Zudem fordert er eine neuerliche Debatte zum Thema CO2-Ausstoß.

Aus Linnemanns „Nein“ zur Atomkraft ist also nach der Wahl ein „Ja“ zur Laufzeit-Verlängerung geworden – das ist geradezu klassischer Wahlbetrug und sollte den Grünen bei den Sondierungen ein deutliches Warnsignal sein.

NRW-Pläne zur Windenergie schlimmer als befürchtet

Unter dem Feigenblatt vermeintlicher Akzeptanzsicherung plant die NRW-Landesregierung den Ausbaustopp der Windenergie. Illusorische Annahmen und realitätsferne Utopien in offiziellen Berechnungen sollen darüber hinwegtäuschen, dass die geplanten Abstandsregeln das Aus für den notwendigen Windzubau bedeuten. Doch ohne Windenergie kann NRW kein Energieland bleiben.
Der gestern veröffentlichte Zwischenbericht der Landesregierung über die Potenziale der Windenergie in NRW offenbart eine massive Einschränkung der Windenergie in Nordrhein-Westfalen. Unter den geplanten Abstandsregeln zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung bliebe nicht annähernd genügend Fläche übrig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Landesregierung legt ihren Berechnungen theoretische Annahmen zugrunde, die mit der genehmigungsrechtlichen Praxis nicht vereinbar sind. So werden topographische Begebenheiten gar nicht berücksichtigt und bspw. zu Flughäfen, Gewässern oder Autobahnen Abstände angenommen, die in der heutigen Genehmigungspraxis allesamt nicht zulässig sind.
Der Bericht suggeriert dabei, die Landesregierung erreiche ihre eigenen Ziele, während aus realistischer Perspektive absehbar ist, dass die getroffenen Annahmen diese Schlussfolgerung nicht zulassen. Stattdessen errechnet das LANUV in seinem deutlich realitätsnäheren sogenannten „Restriktionsszenario“ eine Potenzialfläche von gerade mal 0,22 Prozent der Landesfläche. Selbst dabei sind die Annahmen im Vergleich der aktuellen Genehmigungspraxis noch zu optimistisch gewählt. Das Potenzial des „Leitszenarios“ ist aufgrund völlig realitätsferner Annahmen erst recht nicht erreichbar und die dort skizzierte Flächenkulisse allenfalls Schönfärberei. Zum Vergleich: Für das Erreichen der Klimaziele wären 2 Prozent der Landesfläche für die Windenergie notwendig.
Zudem offenbaren beide von der Landesregierung vorgelegte Szenarien, dass das dringend benötigte Repowering – also der Austausch ausgedienter Anlagen durch moderne und leistungsstärkere – unter den geplanten Abstandsregeln kaum mehr möglich wäre, trotz anderslautender Versprechungen der Landesregierung. Obwohl sie an längst etablierten und breit akzeptierten Standorten stehen, würden so zahlreiche Windenergieanlagen mittelfristig verloren gehen.
Da auch die übrige Flächenkulisse stark eingeschränkt werden soll, ist absehbar, dass nicht genügend Windenergie zugebaut werden kann, um bis 2030 eine nennenswerte Steigerung der Windleistung zu erreichen. Stattdessen steht ein Rückbau an. Die LANUV-Gutachter schlussfolgern selbst, dass außerhalb der Eifel und dem Paderborner Raum praktisch kein Ausbau mehr stattfinden könnte. Angesichts des fortschreitenden Kohleausstiegs und dem steigenden Bedarf nach mehr klimafreundlicher Energie entsteht so eine Ökostromverknappung, die sowohl den Klimaschutz als auch den Industrie- und Energiestandort NRW langfristig gefährdet.
Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW): „Dieser Zwischenbericht übertrifft unsere schlimmsten Befürchtungen. Mit keinem der berechneten Szenarien lassen sich die Klimaziele erreichen. Realistisch bleibt nur ein Zehntel der benötigten Fläche übrig. Und woher der Strom für die Industrie in Zukunft kommen soll, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Dass die Landesregierung mit realitätsfernen Annahmen rechnen lässt, ist ein schlechter Scherz und ein Schlag ins Gesicht für den demokratischen Prozess. Im Hinblick auf die Ziele der Energieversorgungsstrategie ist das Ganze eine reine Luftnummer.“

NRW-Kommunalwahl wird Klimawahl

Trotz Corona: „Die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen wird wieder eine Klimawahl werden“, ist der LEE-Vorsitzende Reiner Priggen mit Blick auf die Wahlergebnisse aus Bayern überzeugt. „Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen in den nächsten Monaten überzeugend darlegen, wie sie Klimaschutz und Energiewende voranbringen wollen.“

Klimaschutz und Energiewende werden trotz der Corona-Krise wichtige Themen der anstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Reiner Priggen (Dipl.-Ing.), Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), ist überzeugt: „Im Moment diskutieren wir richtigerweise alle über Corona und Politik tut gut daran, diese Krise so schnell und gut wie möglich zu meistern. Allerdings erledigen sich deshalb andere Themen nicht von selbst. Die Menschen wollen überzeugende Antworten auf die Frage, wie wir auch wirtschaftlich die Krise bewältigen. Und dabei müssen Klimaschutz und Energiewende ganz vorne auf der Agenda stehen. Gerade erst haben in Bayern diejenigen gewonnen, die sich dafür einsetzen.“

Bei den Kommunalwahlen in Bayern haben sich etwa in Ingolstadt, Augsburg oder Regensburg Kandidatinnen und Kandidaten bei der OB-Wahl durchgesetzt, die Klimaschutz und Energiewende zu Ihren Kernthemen gezählt haben.

Die Energiewende wird vorrangig in den Kommunen gestaltet. Von der Solaranlage auf dem Schuldach bis zum Windpark am Ortsrand oder der Biogasanlage beim nächsten Bauern: Viele Kommunen fragen sich, was sie für die Energiewende tun können und wie die Kommunen wiederum davon profitieren. Reiner Priggen: „Wer sich ernsthaft für Klimaschutz einsetzen will, muss Erneuerbare Energien ausbauen. Damit sparen die Kommunen nicht nur ordentlich CO2 ein, sondern profitieren von geringeren Stromkosten, sind unabhängiger von Importen und steigern die kommunalen Einnahmen durch Verpachtung und Gewerbesteuer. Dazu schaffen die Erneuerbaren Wertschöpfung in der ganzen Region sowie Jobs und gefragtes Knowhow für die nächsten Jahrzehnte.“

Landesverband Erneuerbare Energien