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Geplanter Mindestabstand lässt Ausbau der Windenergie nur noch im Raum Paderborn zu

Landesverband Erneuerbare Energien

Der von der Landesregierung geplante Mindestabstand macht einen Ausbau der Windenergie in weiten Teilen von NRW unmöglich. Das geht laut Regionalverband Ostwestfalen-Lippe im Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW aus der neuen „Potenzialstudie Windenergie“ der Fachbehörde LANUV hervor. Flächen für einen relevanten Ausbau bleiben im „Restriktionsszenario“, das den realen Gegebenheiten in NRW am nächsten kommt, nur noch im Hochstift Paderborn übrig. „Dann scheitert die Energiewende in NRW,“ warnt Jürgen Wrona (Delbrück), Vorsitzender des LEE-Regionalverbandes OWL und appelliert: „Um NRW als Industriestandort zu erhalten, muss die Windenergie auch außerhalb des Paderborner Landes weiter ausgebaut werden.“

Dass die letzten Potenzialflächen für die Windenergie nach den Vorgaben der Landesregierung ausgerechnet im Raum Paderborn verbleiben, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn die CDU- Landtagsabgeordneten Daniel Sieveke (Paderborn), Bernhard Hoppe-Biermeyer (Delbrück) und Matthias Goeken (Bad Driburg) hatten sich selbst gerühmt, an der Festlegung eines Mindestabstandes von 1.000 Metern auch zu Kleinsiedlungen maßgeblich mitgewirkt zu haben. „Mit ihrem Einsatz für möglichst restriktive Vorgaben bewirken sie eine Konzentration des Windenergieausbaues in ihren Wahlkreisen – das ist genau das Gegenteil von dem, was die Abgeordneten erreichen wollten,“ so Daniel Saage, stellvertretender Vorsitzender des LEE-Regionalverbandes OWL.

Pikant ist die geplante Abstandsregelung auch, weil sie in krassem Widerspruch zum Koalitionsvertrag von CDU und FDP steht. Denn dort heißt es: „Wir wollen Repowering an durch Windkraft geprägten Standorten ermöglichen.“ Bestehende Anlagen, die den neuen Mindestabstand nicht einhalten, können aber nicht mehr repowert werden. Außerdem wurde im Koalitionsvertrag zugesagt, die Planungskompetenz der Kommunen zu stärken. Jetzt wollen CDU und FDP die

Kommunen jedoch zwingen, die neuen Abstandsvorgaben aus Düsseldorf zu beachten. Gültige Flächennutzungspläne müssten sogar geändert werden. „Die Landesregierung verursacht neue Rechtsunsicherheit und greift in die Planungshoheit der Kommunen ein,“ so Wrona.

Beim Ausbau der Windenergie hinkt NRW deutlich hinterher. Im Bundesdurchschnitt deckt die Windenergie 25 % des Stromverbrauchs, in OWL knapp über 20 %, in ganz NRW sind es unter 10 %. Ohne Repowering droht NRW noch weiter abgehängt zu werden. Nach Berechnungen des LEE NRW müsste der Bau von Windenergieanlagen auf 2,0 Prozent der Landesfläche planungsrechtlich ermöglicht werden, um die Klimaziele zu erreichen. Andere Bundesländer (Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein) haben das 2-%-Flächenziel in ihrer Landesplanung verankert, NRW jedoch nicht. Im realitätsnahen Szenario für NRW bleiben laut LANUV nur 0,22 % der Landesfläche für die Windenergie übrig – also nur ein Neuntel von dem, was notwendig ist.

Brandbrief an NRW-Landesregierung: Windenergie nicht abwürgen

In einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Armin Laschet fordern zahlreiche Windenergieunternehmen aus NRW die Landesregierung auf, von den geplanten Abstandsregeln abzurücken. Durch den Wegfall von Dreiviertel der notwendigen Flächen sehen sie anderenfalls sowohl das Erreichen der Klimaziele als auch Investitionen in Milliardenhöhe gefährdet.

75 Windenergieunternehmen haben sich in einem offenen Brief an den NRW-Ministerpräsidenten gewendet. Darin mahnen sie an, dass die geplanten Abstandsregeln für Windenergieanlagen drohen, den Windenergieausbau in Nordrhein-Westfalen vollständig zum Erliegen zu bringen. Das gefährdet das Erreichen der Klimaziele und steht im starken Widerspruch zum eigenen Anspruch der Landesregierung, die Klimaschutzmaßnahmen zu intensivieren. Zudem würden jährlich Investitionen von mehr als einer halbe Milliarde Euro verhindert, die gerade in der jetzigen Wirtschaftskrise aufgrund der Corona-Pandemie dringender denn je gebraucht werden.

Unter den geplanten Abstandsvorgaben stünden für die Windenergie lediglich rund 0,5 Prozent der Landesfläche zur Verfügung. Damit NRW seinen notwendigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele im Bund leisten kann, müssten jedoch mindestens zwei Prozent der Landesfläche für den Ausbau der Windenergie zur Verfügung gestellt werden. So ist es in benachbarten Bundesländern vorgesehen. Dadurch, dass ein 1.000-Meter-Abstand bereits zu zehn Wohnhäusern im Außenbereich gelten soll, fielen jedoch große Flächenpotenziale im häufig zersplittert besiedelten ländlichen Raum in NRW unweigerlich weg.

Die neuen Regelungen erschweren zudem das Repowering, also den Austausch von bestehenden Windenergieanlagen durch moderne und leistungsfähigere Anlagen an seit langem akzeptierten Standorten. Dadurch droht faktisch nicht nur ein Ausbaustopp, sondern sogar ein Rückbau der Windenergieleistung in Nordrhein-Westfalen.

Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), unterstützt das Anliegen der Windunternehmer: „NRW ist das wichtigste Energieland und gleichzeitig größter CO2-Emittent im Bund. Gerade hier sollte der Ausbau der Erneuerbaren Energien also beherzt angepackt werden. Doch unter den Vorzeichen der pauschalen Abstandsauslegung wird die Windenergie – als wichtige Treiberin der Energiewende in NRW – völlig unverständlicherweise ausgebremst.“

Hier geht es zum Download des offenen Briefs an MP Armin Laschet

 

Nach Einigung in der Großen Koalition: Beim Windenergieausbau in OWL bleibt alles unklar

Der Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD zum Ausbau der Windenenergie wirft mehr Fragen auf als Antworten gegeben werden. Nach der Einigung der Großen Koalition ist vor allem weiter unklar, zu welchen Gebieten und Gebäuden in Zukunft ein Mindestabstand bis zu 1.000 Meter eingehalten werden muss. Laut Einigung soll das Sache der Bundesländer sein. „Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Von Rechts- und Planungssicherheit kann weiterhin keine Rede sein“, so das Fazit von Jürgen Wrona, Vorsitzender des Regionalverbandes Ostwestfalen-Lippe im Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW).

Zwischen CDU/CSU und SPD hatte es Streit gegeben, ob für neue Windenergieanlagen ein Mindestabstand bis zu 1.000 Metern nur zu größeren Wohngebieten oder auch zu kleinen Siedlungen gelten soll. Diese Frage ist für OWL wegen der in weiten Teilen zergliederten Siedlungsstruktur von großer Bedeutung. Würde die Abstandsregel auch für Klein- und Splittersiedlungen gelten, wären in einigen Landkreisen kaum noch Flächen für einen Windenergieausbau verfügbar, so der LEE-Regionalverband OWL.

Die Große Koalition hat sich jetzt auf eine sog. „Länderöffnungsklausel“ im Baugesetzbuch verständigt. Danach kann jedes Bundesland über einen Mindestabstand bis zu 1.000 Metern selbst entscheiden. Es bleibt aber unklar, zu welchen Wohngebietstypen diese Abstände eingehalten werden müssen. Laut Bundeswirtschaftsministerium soll jedes Bundesland die Gebietstypen selbst festlegen können. Damit ist ein bundesweiter „Flickenteppich“ mit uneinheitlichen Gebietsregelungen und Abständen vorprogrammiert. Verhandlungsführer für die CDU bei der Einigung mit der SPD war der Paderborner Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann.  „Dass sich Linnemann für diesen unausgegorenen Kompromiss feiern lässt, ist angesichts der weiteren Unklarheiten absolut unangebracht“, so Daniel Saage, Vorstandsmitglied des LEE-Regionalverbandes OWL.

Die meisten Kommunen in OWL haben in ihren Flächennutzungsplänen bereits Gebiete für den Windenergieausbau und Mindestabstände zwischen 750 und 1.200 Metern zu Wohngebieten festgelegt. Bleiben diese Regelungen rechtsgültig oder müssen die OWL-Kommunen ihr Planungen an neue Abstandsvorgaben des Landes anpassen? Auch diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet. Unklar ist ebenso, ob neue Abstandsregeln auf Landesebene auch für das Repowering – also für die Erneuerung alter Windparks – gelten sollen.

Die CDU/FDP-Regierungskoalition in Düsseldorf hat im Landesentwicklungsplan (LEP) aktuell ein 1.500-Meter-Abstandsgebot verankert. Mit der Einigung in der schwarz-roten Bundesregierung und der Änderung des Baugesetzbuches dürfte dieses Gebot demnächst vom Tisch sein. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte die 1.500 Meter-Regelung jüngst in einem Urteil bereits verworfen. Es handele sich lediglich um eine „politische Willensbekundung“ zur Akzeptanzsteigerung, die rechtlich unbeachtlich ist, so das Gericht.

Die umstrittene Abstandsvorgabe aus Düsseldorf im LEP macht immerhin deutlich, wo die NRW-Landesregierung energiepolitisch steht. Während Windenergieanlagen nach Willen der CDU/FDP-Regierungskoalition einen 1.500-Meter-Abstand einhalten sollen, wird dem Steinkohlekraftwerk Datteln 4, das nur 600 Meter von der Wohnbebauung entfernt ist, der Genehmigungsweg geebnet. „Das ist ein klares Statement gegen Windenergie und für Kohlestrom“, kritisiert LEE-Regionalvorsitzender Jürgen Wrona die energiepolitische Ausrichtung der schwarz-gelben Landesregierung.