Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW begrüßt, dass die angekündigte Windenergie-Offensive im Land 2024 deutlich Fahrt aufgenommen hat. Der bundesweite Spitzenwert an neuen Genehmigungen lässt für die kommenden Jahre hoffen. Der Windenergieausbau in NRW hat deutlich Fahrt aufgenommen: Im vergangenen Jahr sind nach einer vorläufigen Auswertung der Fachagentur Wind und Solar landesweit 154 Windenergieanlagen mit einer Brutto-Leistung von 748 Megawatt (MW) neu in Betrieb gegangen. Nur im Jahr 2017 gab es in NRW mit 881 MW ein noch größeres Ausbauplus. Da in den zurückliegenden zwölf Monaten auch ältere Anlagen abgebaut wurden, beträgt der Nettozuwachs 626 MW. Damit war NRW im vergangenen Jahr sowohl beim Brutto- als auch beim Nettozubau bundesweit die Nummer eins. Positiv stimmt Hans-Josef Vogel, den Vorsitzenden des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) ebenfalls, dass die Genehmigungsbehörden bis zum Jahreswechsel grünes Licht für rund 680 neue Windenergieanlagen mit über 4.000 MW Leistung erteilten. „Im Bundesländervergleich ist NRW damit mit großem Abstand ganz weit vorne“, so Vogel. „Was vor Jahren noch undenkbar war, ist heute Fakt: NRW ist bundesweit das Windenergie-Land Nummer eins.“ Das spiegelt sich auch bei Genehmigungsfristen wider: Im Durchschnitt haben die Behörden im vergangenen Jahr nach 17 Monaten grünes Licht für ein neues Windenergieprojekt gegeben. Im Jahr zuvor dauerte das Genehmigungsverfahren noch knapp 25 Monate. Vogel: „Die Entbürokratisierung wirkt. Es ist noch mehr drin, wie einzelne Verfahren mit einer Dauer von nur neun Monaten zeigen.“ Der Koalitionsvertrag der beiden Regierungsparteien sieht für diese Legislaturperiode den Betriebsbeginn von zusätzlich mindestens 1.000 neuen Windenenergieanlagen vor – rechnerisch heißt das 200 Anlagen pro Jahr. Sollten die 2024 genehmigten 680 Windenergieanlagen in den kommenden zweieinhalb Jahren allesamt in Betrieb gehen, dürfte die Landesregierung ihr 1.000 Anlagen-Ziel beim Bruttozubau schaffen. Seit dem Regierungswechsel im Frühsommer 2022 sind landesweit bereits rund 320 neue Windenergieanlagen ans Netz gegangen. Dazu Hans-Josef Vogel: „Hier zeigt sich der Erfolg von Paragraf 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, wonach Erneuerbare Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der Sicherheit dienen. Dieser grundsätzliche Abwägungsvorrang, der auf dem Klimaschutzgebot des Grundgesetzes erfolgt, ist zunehmend bei der Verwaltung angekommen.“ Gleichzeitig müsse das Tempo beim Windenergieausbau jedoch weiter gesteigert werden, damit die Landesregierung ihre eigenen Ziele erreicht und aus den Genehmigungen letztlich auch konkrete Anlagen entstehen. „Denn Genehmigungen allein erzeugen noch keine Kilowattstunden“, so Hans-Josef Vogel. Bei diesem dynamischen Windenergieausbau ist es für den LEE NRW umso wichtiger, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger sowie Industrie- und Gewerbebetriebe konkret vom Windenergieausbau profitieren. „Dafür schaffen das von der Landesregierung Ende 2023 auf den Weg gebrachte Bürgerbeteiligungsgesetz und Bürgerstromtarife vor Ort eine gute Basis“, betont Vogel. Ausbaufähig sei aber die direkte Strombelieferung von Industrie- und Gewerbebetrieben aus einem benachbarten Windpark. Windstrom sorge für günstigere Strompreise und niedrigere CO2-Kosten für die heimische Wirtschaft. „Diese Option wird landesweit bislang kaum genutzt. Unsere Idee eines Industrie-Windstrom-Pakts ist von der Landesregierung bislang leider nicht aufgegriffen worden“, bedauert der LEE NRW-Vorsitzende. Damit es in zwei, drei Jahren nicht zum Einbruch beim Windenergieausbau kommt, drängt der LEE NRW auf die rasche Ausweisung neuer Flächen. Für neue Standorte sollen die Regionalpläne sorgen, die derzeit in den sechs Planungsregionen vorbereitet werden. „Wir dürfen die aktuell positive Entwicklung nicht abreißen lassen“, sagt Andreas Düser, Geschäftsführer der WestfalenWIND Planungs-GmbH & Co. KG, „daher brauchen wir rechtssichere und für die moderne Windenergietechnologie nutzbare Flächen, um so für Investoren und Betreiber Planungssicherheit zu schaffen sowie den Windenergieausbau weiter voranzubringen.“ Die meisten der bislang vorliegenden Planentwürfe werden nach seiner Einschätzung auch aufgrund fehlender verbindlicher Vorgaben durch das Land diesen Anforderungen nicht gerecht. So enthält beispielsweise der Kölner Regionalplanentwurf zahlreiche Flächen, bei denen deutliche Höhenbegrenzungen für neue Windenergieanlagen aufgrund zweier Militärflughäfen absehbar sind. Ein Betrieb von Windenergieanlagen wird sich dort wirtschaftlich nicht rechnen. Im Regierungsbezirk Detmold sollen sich die auszuweisenden Flächen zu 90 Prozent auf die beiden Kreise Höxter und Paderborn konzentrieren, was vor Ort zu Unmut bei Politik und Verwaltung führt. Außerdem soll in Ostwestfalen wie auch im Regierungsbezirks Arnsberg durch die Hintertür der umstrittene 1.000-Meter-Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen und Wohnsiedlungen wieder eingeführt werden, den der Landtag im Sommer 2023 abgeschafft hatte. Für das Münsterland sieht der Entwurf für den neuen Regionalplan zu einem Drittel Flächen vor, die für die Errichtung neuer Windenergieanlagen schlichtweg ungeeignet sind. Andreas Düser: „Es sind noch reichlich Korrekturen notwendig, die schnell kommen müssen, damit der Windenergieausbau im Land nicht an Fahrt verliert.“